24.02.2022 – die Ukraine wird von Russland angegriffen, der Ölpreis schießt anschließend durch die Decke und führt zu steigenden Spritpreisen an unseren Tankstellen mit Rekordwerten von bis zu 2,35 €.
Der Preisanstieg klingt soweit erstmal auf den ersten Blick logisch. Aber seit dem Höchststand am 08.03. ist der Ölpreis wieder ordentlich gesunken. Dann müssten doch eigentlich auch die Spritpreise wieder sinken oder? Tun sie aber nicht!
Ist der Einfluss des Ölpreises also doch nicht der entscheidende Faktor? Wird der Krieg durch die Mineralölkonzerne vorgeschoben, um hier, Zitat Robert Habeck, „Kriegsgewinne“ einzufahren? Wer verdient wirklich am hohen Benzinpreis und wie geht es jetzt zukünftig weiter? In diesem Artikel probiere ich einige dieser Fragen zu beantworten.
Wie setzt sich eigentlich der Preis an der Tankstelle für den Endkunden zusammensetzt? Grundsätzlich gibt es zwei große Blöcke.
1. Der Warenpreis
Darunter fällt alles was mit den eigentlichen Kosten des Produkts von der Rohölquelle bis in den Tank des Autos zu tun hat.
2. Steuern & Abgaben
Der zweite große Teil sind die Steuern und Abgaben. Am Beispiel des Preises vom 15.03.2022 zeig ich einmal folgend auf wie sich diese Bestandteile nochmal in kleinere Kostenblöcke aufteilen [Quelle].
Benzinpreis:
Dieselpreis:
Der erste Block von 1,19 € des Benzinpreises sind die Produktkosten. Darin sind die eigentlichen Kosten für das Ausgangs-Produkt (Rohöl) enthalten, dieses muss dann transportiert und in Raffinerien verarbeitet werden, um dann wieder transportiert und an den Tankstellen an den Endkunden abgegeben werden zu können.
Dabei liegt der letzte Kostenteil der Deckungsbeitrag für den Transport und den Vertrieb an der Tankstelle bei ca. 10 %, was aktuell ungefähr 20 ct/ltr entspricht, wovon am Ende aber auch nur ein minimaler Teil beim Tankstellenbetreiber landet [Quelle].
Es bringt also nicht viel den Tankstellenbetreiber wüst über die steigende Preise zu beschimpfen. Die größten Gewinne fahren die Mineralölkonzerne ein, die derzeit zusätzliche Milliardenerträge einfahren. [Quelle].
So sagen zum Beispiel auch Wirtschaftsexperten, dass derzeit mit im Blick auf den Rohöl-Kurs der Preis an der Tankstelle zu hoch ist. Wie viel mehr Gewinne die Mineralölkonzerne jetzt tatsächlich an dem restlichen Teil von dann noch circa einem € einfahren, lässt sich aber nicht ganz auf den Cent beziffern, da die Preiskalkulationen der Unternehmen nicht bekannt sind. An dieser Stelle ist dieser Kostenbestandteil also sehr undurchsichtig [Quelle].
Was man aber sagen kann ist, dass bestimmte Faktoren den Preisbestandteil beeinflussen. Der Dollarkurs, Angebotsknappheit, Probleme mit der Logistik und dann tatsächlich auch der Krieg, der auch weiterhin die Preise hochhalten kann, obwohl der Ölpreis sinkt.
Denn viele Öl- und Gas Unternehmen wie z.B. Shell, BP und Exxon-Mobil haben angekündigt, sich aus dem russischen Öl- und Gas-Geschäft zurückzuziehen und soweit möglich auch kein russisches Öl und Ölprodukte mehr zu verkaufen.
Somit müssen diese neue Öllieferanten suchen, ihre Stoffströme umplanen und Abschreibungen in Milliardenhöhe hinnehmen.
Allerdings sagen auch Kraftstoffmarkt-Experten, dass aktuell dennoch irgendwo zwischen Ölförderung und Tankstelle das zusätzliche Autofahrergeld hängenbeibt. Und dass Mineralölkonzerne aktuell im Raffineriegeschäft richtig gutes Geld verdienen.
Steuern & Abgaben:
Kommen wir zum zweiten Kostenblock. Steuern und Abgaben werden insgesamt vier erhoben, wobei die größte die Energiesteuer ist. Diese hat 2006 die Mineralölsteuer abgelöst und wird seitdem mit einem festen Betrag von 65,45 ct/ltr für Benzin und 47,94 ct/ltr für Diesel erhoben. Die Einnahmen dieser Steuer fließen vollumfänglich in den Bundeshaushalt und dienen der Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben wie zum Beispiel der Rentenkasse [Quelle].
Die zweite Abgabe ist die CO2 Abgabe, die im Jahr 2022 für Diesel ca. 9,5 ct/ltr und für Benzin 8,4 ct/ltr beträgt [Quelle]. Dieser Wert steigt zwar zukünftig jährlich mit steigendem CO2 Preis pro Tonne weiter an, ist aber aktuell ebenfalls ein fixer Wert und sorgt nicht für den derzeitigen Preisanstieg.
Der Dritte ist die Erölbevorratungsabgabe von 0,3 Cent/ltr, also fast vernachlässigbar.
Und auf alles wird dann noch die Mehrwertsteuer von 19 % erhoben. Dieser Wert ist bei den Steuern und Abgaben der einzige variable, wodurch der Staat an Preiserhöhungen aktuell auch mit verdient.
So ist der Mehrverdienst des Staats im Vergleich zu dem Benzinpreis von 1,45 € im März 2021 rund 12 Cent höher im Vergleich zum Benzinpreis von 2,20 € im März 2022. Bei aktuell ca. 42 Mrd. Litern, die jährlich in Deutschland getankt werden sind das ungefähre Mehreinnahmen von immerhin 5 Mrd. Euro [Quelle].
Zusammengefasst machen somit die Steuern aktuell 46 % beim Benzinpreis und 39 % beim Dieselpreis aus. Diese prozentuale Verteilung ändert sich aber laufend bei sich ändernden Gesamtpreisen und wird prozentual höher bei niedrigeren Gesamtpreisen.
Somit lässt sich also festhalten, dass derzeit der Staat über die Mehrwertsteuer am steigenden Benzinpreis ebenfalls mehr verdient und Mineralölkonzerne derzeit auch mehr Geld in die Kasse spülen als vielleicht notwendig wäre.
SCHRITT 2 - Wie geht es weiter?
Welche Möglichkeiten hat der Staat?
Der Staat könnte die Energie- oder Mehrwertsteuer senken und so kurzfristig für Entlastung sorgen.
Dies wurde zum Beispiel in den letzten Tagen in Polen gemacht, wo die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe gesenkt worden ist. Auch Irland hat gerade angekündigt, die Autofahrer steuerlich zu entlasten. Benzin soll 20 Cent und Diesel 15 Cent pro Liter günstiger werden.
In Deutschland wäre aufgrund der Gesetzgebung allerdings eher die Reduzierung der Energiesteuer kurzfristig umsetzbar [Quelle].
Einen weiteren Vorschag hat Christian Lindner mit dem Tankrabatt gemacht. Dabei würde der Benzinpreis zum Beispiel auf einen Grenzwert von 2€/ltr. begrenzt werden und Autofahrer so entlastet werden. Dieser Vorschlag wurde gerade in Italien umgesetzt, scheint aber in Deutschland erst einmal nicht umgesetzt zu werden wie Olaf Scholz nochmal betont hat [Quelle].
Neben möglichen Vergünstigungen hat Wirtschaftminister Habeck angekündigt, das Bundeskartellamt einzuschalten und Mineralölkonzerne stärker zu überwachen, um so unverhältnismäßig hohe Gewinne für die Mineralölkonzerne zu verhindern.
Welche Möglichkeiten hast du?
Die stumpfe Antwort ist erstmal weniger fahren. Ist aber natürlich auch ziemlich sinnlos jemandem auf dem Dorf ohne ÖPNV Anbindung zu sagen er soll die 30 km zur Arbeit doch einfach mit dem Fahrrad machen…
Was aber trotzdem jeder tun kann ist spritsparender Autofahren z.B. durch geringere Geschwindigkeiten auf der Autobahn, weniger Beladung des Autos, vorausschauend Fahren und so weiter.
Auch der Umstieg auf andere Verkehrsmittel, wenn es denn möglich ist, wie den ÖPNV oder das Fahrrad sind aktuell natürlich Maßnahmen, die aber eigentlich jedem bekannt sein sollten.
Auch der Umstieg auf andere Antriebsarten wie die Elektromobilität kann aktuell fianziell attraktiver sein, wobei natürlich auch Strompreise aktuell Höchstpreise erreichen wie ich in meinem Artikel zu Strompreisen bereits aufgezeigt habe.
FAZIT.
Ja, was kann man abschließend festhalten: Krieg ist Scheisse.
Noch beschissener ist, dass sich scheinbar einige Konzerne die Gunst der Stunde zu Nutze machen und sich an der aktuellen Situation bereichern.
Trotzdem ist das Ganze ja vielleicht auch eine Chance für alternative Antriebe und der Umstieg auf andere Kraftstoffformen wie Batterie oder Wasserstoff kann interessanter werden.